Zitronensäure und Menthol: Natürlich, Synthetisch, Biotechnologisch!
In der Reihe Fact Sheets veröffentlicht die Gesellschaft Deutscher
Chemiker allgemeinverständliche Informationen zu relevanten Themengebieten. Erstellt werden die Fact Sheets von dem Expertengremium ChemFacts for Future (s. unten), in dem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der GDCh aus verschiedenen Fachgebieten gemeinsam um relevante Themen kümmern.
Zitronensäure und Menthol: Natürlich, Synthetisch, Biotechnologisch! (Fact Sheet 10)
Fakten
Viele Pflanzen enthalten Aromen, Duftstoffe oder andere Naturstoffe, die wir im Haushalt verwenden. So dient Zitronensäure als Konservierungsmittel und sie verleiht Speisen eine angenehme Säure. Aber auch zum Entkalken wird die Zitronensäure gerne verwendet, weil sie im Gegensatz zur Essigsäure nicht flüchtig ist und daher keinen unangenehmen Geruch verbreitet. Ein weiterer bekannter Naturstoff ist Menthol, ein Hauptbestandteil der Ackerminze. Menthol wird aufgrund seines frischen Geschmacks und seiner desinfizierenden Eigenschaften in vielen Zahn- und Körperpflegeprodukten eingesetzt.
Problem
Die vielfältigen Anwendungen solch wichtiger Naturstoffe bringen mehrere Probleme mit sich. Einerseits ist es häufig schwierig, die benötigten großen Mengen dieser Verbindungen zu erhalten. Außerdem muss bei der Gewinnung aus natürlichen Quellen oft ein großer Aufwand betrieben werden, um den gewünschten einzelnen Inhaltstoff zu erhalten. Schließlich bleibt häufig ein Großteil der betreffenden Pflanzen übrig, der nicht weiter verwertet werden kann.
Problemlösung
Lange Zeit konnte man beispielsweise Zitronensäure nur durch Isolation aus unreifen Zitrusfrüchten gewinnen. Bei dieser Methode mussten allerdings mehrstufige Verfahren und verschiedene Chemikalien eingesetzt werden. Heute gehören biotechnologische Verfahren zu den vielfältigen Möglichkeiten, um benötigte Produkte herzustellen, wobei die genauen Lösungswege vom Stand der Technik bzw. der Forschung abhängen. Bei biotechnologischen Verfahren werden Enzyme, Organismen oder andere Biomoleküle genutzt, um chemische Stoffe zu synthetisieren. Man verwendet heute zum Beispiel mikroskopisch kleine Pilze für die Produktion von Zitronensäure und kann so auf große Plantagen von Zitrusfrüchten und die damit zusammenhängenden Bioabfälle verzichten. Im Fall des Menthols kommt heutzutage sowohl die Isolation aus Pflanzen als auch die chemische Synthese zum Einsatz. Dabei entwickelt man immer effizientere chemische Verfahren, um aus kleinen Bausteinen und mit Hilfe von Katalysatoren (Metallkomplexen in extrem geringen Mengen) Menthol zu synthetisieren.
Manche Menschen sehen die Alternativen, solche Stoffe künstlich herzustellen, kritisch, weil sie denken, dass die biotechnologisch synthetisierten Verbindungen nicht so gut sind wie die aus Pflanzen gewonnenen Stoffe. Tatsächlich liefern aber alle drei Verfahren, die Isolation aus natürlichen Quellen, die Synthese aus kleinen Molekülen und die biotechnologische Fermentation, identische Substanzen, die chemisch nicht zu unterscheiden sind.
Autor:
Prof. Dr. Markus Kalesse, Institut für Organische Chemie, Leibniz Universität Hannover
Das Fact Sheet Zitronensäure und Menthol: Natürlich, Synthetisch, Biotechnologisch! als pdf zum Ausdrucken
Alle Fact Sheets
Nr. 12 (10. Mai 2022) Chemie und Endlagerung
Nr.11 (13. Oktober 2021) Die Geschmäcker sind verschieden – ein molekularer Blick auf Bier
Nr.10 (26. Juli 2021): Zitronensäure und Menthol: Natürlich, Synthetisch, Biotechnologisch!
Nr. 9 (23. Juni 2021): Wie kommt der Impfstoff in die Zelle?
Nr. 8 (26. März 2021): Insekten-Proteine: eine nachhaltige Ernährung!
Nr. 7 (23. März 2021): Biomasse: das „neue Rohöl"
Nr. 6 (4. Dezember 2020): Schwefelsäure – gefährlich aber unverzichtbar
Nr. 5 (12. August 2020): Ammoniumnitrat (AN)
Nr. 4 (1. Juli 2020): Brauchen wir Lebensmittelverpackungen?
Nr. 3 (22. Juni 2020): Klimawandel: Kleine Moleküle – große Wirkung
Nr. 2 (11. Mai 2020): Chemie gegen Viren: Händewaschen oder Desinfektion
Nr. 1 (28. April 2020): Chemie gegen Viren: Antivirale Wirkstoffe
Über das Gremium "ChemFacts for Future"
Die bedeutendsten Probleme, mit denen unser Planet und die meisten seiner Bewohner*innen derzeit konfrontiert werden, sind anthropogener Natur. Es ist daher auch die Aufgabe der Menschen, die Probleme zu erkennen und sie effizient zu lösen. Effizient bedeutet zeitnah und problemorientiert – jenseits von politischen und (rein) ökonomischen Interessen.
Ein Großteil der Probleme kann (nur) unter Heranziehen chemischer Fachkenntnis sinnvoll bearbeitet werden. Die Herstellung und Verbreitung sachlich falscher Zusammenhänge, die zum Teil als Grundlage für politische Entscheidungen – und Fehlentscheidungen – herangezogen werden, sind für Naturwissenschaftler generell und uns Chemiker*innen im Speziellen daher besonders beunruhigend.
Besonders der chemische Aspekt in Problemfeldern wie CO2-Emission und CO2-Bindung, Luftschadstoffbelastung oder Mikroplastikverbreitung führt dazu, dass wir uns als Chemiker*innen in der Pflicht sehen, belastbare, nicht von Lobbyismus getriebene Fakten zusammenzutragen und diese zu veröffentlichen. Wir sehen es auch als unsere Aufgabe an, in Kooperation mit Experten angrenzender Disziplinen (Medizin, Biologie, Physik) wissenschaftlich sinnvolle und ökonomisch wie ökologisch umsetzbare Lösungsvorschläge zu entwerfen und diese zu publizieren.
Wir möchten uns als ein Gremium verstanden wissen, welches das Expertenwissen der Spitzenforscher*innen in den relevanten Themengebieten zusammenführt und es sowohl für die wissenschaftliche Community als auch die breite Öffentlichkeit auf verschiedenen Kanälen verfügbar macht.
Dem Gründungsstab gehören neben dem Präsidenten der GDCh zunächst Vorsitzende verschiedener Fachgruppen und Arbeitsgruppen der GDCh an, die im nächsten Schritt Expertinnen und Experten benennen, die das Team der Verantwortlichen ergänzen werden. Mitglieder des Gremiums.
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