Doping und sein Nachweis – ein ewiger Wettlauf

 

Jetzt im Sommer finden wieder sportliche Großveranstaltungen wie die Olympischen Spiele, die Leichtathletik-Weltmeisterschaften und die Tour de France statt. Und gerade Leistungssportlerinnen und -sportler aus den Disziplinen Radfahren und Leichtathletik fallen immer wieder durch Dopingvergehen auf. Stellvertretend seien hier nur Jan Ullrich und Lance Armstrong bei den Radlern und der Kurzzeit-100-Meter-Weltrekordler Ben Johnson genannt. Und selbst im Pferdesport gibt es immer wieder Doping-Schlagzeilen, etwa bei der erfolgreichen Dressurreiterin Isabell Werth, die wegen positiver Proben bei ihrem Wallach Whisper 2009 für sechs Monate gesperrt wurde [1].

Doping ist immer ein Wettlauf zwischen den „Bösen“ und „Guten“. Auf der einen Seite Sportler, Betreuer und Chemiker/Pharmakologen, die mit immer neuen Entwicklungen bei Dopingmitteln versuchen, den Kontrolleuren zu entwischen. Auf der anderen Seite die Antidoping-Labore und ebenfalls Chemiker/Pharmakologen, die ihre Nachweismethoden kontinuierlich verbessern müssen, um den verbotenen Wirkstoffen auf die Schliche zu kommen.

Ständig neue Methoden der Leistungssteigerung

„Eine große Herausforderung ist das ständig wachsende Angebot an Möglichkeiten, die körperliche Leistungsfähigkeit besonders im Sport zu beeinflussen. Damit müssen die Antidoping-Labore weltweit Schritt halten und entsprechende Testverfahren und Teststrategien entwickeln und anpassen“, sagt Professor Mario Thevis, forensischer Chemiker und Leiter des Antidoping-Labors im Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln.

„Zudem gibt es eine Anzahl an Substanzen, die als Medikamente in der Entwicklung oder bereits verfügbar sind, die aber auch körpereigen hergestellt werden, etwa Testosteron oder Erythropoetin, kurz EPO. Hier eine Differenzierung zu erzielen, ob es sich dabei um körpereigene oder körperfremde Hormone handelt, ist nicht trivial.“ Das Kölner Labor ist neben dem Institut für Dopinganalytik und Sportbiochemie in Kreischa bei Dresden das einzige in Deutschland von der Weltantidopingagentur (WADA) akkreditierte Antidoping-Labor. Beide Institute haben zur Weiterentwicklung des Dopingkontrollsystems in Deutschland beigetragen und sind ein unverzichtbarer Bestandteil des WADA-Kontrollsystems, das weltweit 30 Labore umfasst. Diese haben das ganze Jahr über aufgrund permanenter Trainingskontrollen und verschiedener internationaler Wettkämpfe gut zu tun.

Strenge Standardvorgaben für Antidoping-Labore

„Alle Antidoping-Labore arbeiten nach strengen Standardvorgaben der WADA, sind ähnlich ausgestattet, haben vergleichbare Testspektren, bieten neben Standardanalyseverfahren auch Schwerpunktanalytik an und müssen regelmäßig akkreditiert werden“, erläutert Mario Thevis. Unterschiede gibt es in den einzelnen Laboren im Bereich Forschung, die auf die Weiterentwicklung von Testmöglichkeiten ausgerichtet sind. Doping ist sehr weit gefächert, das Spektrum reicht von gasförmigen und anorganischen Substanzen, über niedermolekulare organische Verbindungen bis zu Peptiden und Proteinen und zum Blut- und Gendoping.

Dopingmittel sind in der Regel pharmazeutische Wirkstoffe und Produkte für die illegale Leistungssteigerung im Amateur- und Profisport. So fördern beispielsweise anabole Steroide den Muskelaufbau und Fettabbau. EPO erhöht die Anzahl der roten Blutkörperchen und verbessert den Sauerstofftransport für mehr Leistung, Amphetamine halten wach, und Betablocker sorgen für eine ruhige Hand etwa bei Biathleten oder Sportschützen. Koffein, Nikotin oder Ammoniak sind übrigens nicht verboten [2].

Instrumentelle Analytik im Einsatz gegen Doping

Für die Analyse von Dopingkontrollproben gibt es klare Vorgaben, die im „Standard for Laboratories“ [3] – dem Anti-Doping-Regelwerk – sowie in weiteren technischen Dokumenten festgehalten sind. Alle Proben – ob als Urin- oder Blutprobe – werden zunächst auf der Basis eines Standardscreenings analysiert. In der Regel werden die Substanzen der zu analysierenden Probe chromatographisch getrennt und durch entsprechende Detektionsmethoden nachgewiesen. Die Screening-Methode ist eine Methode, die im Idealfall mit möglichst wenig Aufwand zahlreiche Substanzen erfassen und dabei gleichzeitig empfindlich, schnell und kostengünstig arbeiten soll. Die eindeutige Identifizierung von Dopingsubstanzen erfolgt meistens mit einer Kombination aus Gaschromatographie und Massenspektrometrie (GC/MS). Analog hierzu kann auch eine flüssigkeits-chromatographische Trennung mit anschließender massenspektrometrischer Bestimmung erfolgen (LC/MS) [4].

Doping während und vor dem Wettkampf nachweisen

Beim Nachweis von anabolen Wirkstoffen kommt die sehr empfindliche und hochauflösende Massenspektrometrie zum Einsatz. Hierbei kann ein substanzspezifisches Isolierungsverfahren zur weiteren Reduzierung der biologischen Matrix und ein eindeutiges physikalisches Messprinzip eingesetzt werden. „Bei uns in Köln liegen Arbeits- und Forschungsschwerpunkte unter anderem in der Untersuchung anaboler Wirkstoffe und der präventiven Dopingforschung. Bei anabolen Steroiden müssen wir beachten, dass diese nicht primär im Wettkampf eingesetzt werden, sondern bevorzugt in der Vorbereitungszeit. Anabole Wirkstoffe unterstützen den Aufbau von Muskelmasse und Kraft und können zur schnelleren Regeneration z.B. zwischen Trainingsintervallen beitragen. Daher zielen Analyseverfahren auf eine besondere analytische Retrospektive ab, um zurückliegenden Missbrauch dopingrelevanter Substanzen aufzuzeigen“, beschreibt Mario Thevis die besondere Herausforderung.

„Wenn Dopingkontrollproben genommen werden, möchte man auch wissen, ob beispielsweise vor drei oder sechs Wochen verbotene Wirkstoffe wie Anabolika eingenommen wurden. Wir müssen daher die Nachweisempfindlichkeit und das Nachweisfenster permanent optimieren. Gerade bei den anabolen Wirkstoffen gibt es zahllose Neuentwicklungen in präklinischen oder klinischen Testphasen. Auch diese müssen wir vorausschauend studieren und das Stoffwechselverhalten und den Nachweis im Urin simulieren bzw. ermöglichen, damit wir diese frühzeitig in das Kontrollverfahren methodisch einbinden können.“

So finden sich seit 2010 in Dopingkontrollproben immer mehr selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMS. Diese sind eine neue Klasse von Substanzen, die wie anabole Steroide wirken, aber klinisch noch gar nicht zugelassen sind.

Neue Methode: Trockene Blutstropfen-Analyse

Im Allgemeinen werden Urinproben untersucht, da die Probennahme hierbei problemlos durch nichtinvasive Methoden erfolgen kann. Alternativ kann auch das Blut des Athleten untersucht werden. Auf ihrer Jahres-Pressekonferenz im Mai 2022 stellte die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) eine neue Analytik-Methode vor: Seit September 2021 wird die Dried Blood Spot-Technik routinemäßig bei Dopingkontrollen eingesetzt [5]. Diese trockene Blutstropfen-Analytik wurde durch die Coronapandemie entwicklungstechnisch stark vorangetrieben. „Die neue Methode ist für uns eine sehr hilfreiche Ergänzung im Dopingkontrollsystem, da sie einige Vorteile gegenüber der bekannten Vollblutkontrolle bietet“, sagt Mario Thevis und ergänzt: „Die Entnahme einer Blutprobe ist invasiv und benötigt qualifiziertes Personal. Mittels Dried Blood Spots kann minimalinvasiv eine Beprobung erfolgen, wobei in der Regel vier Blutstropfen erhalten werden, die auf Trägermaterialien getrocknet, versendet und anschließend analysiert werden können. Hierbei müssen nicht die bei Vollblutproben üblichen kontrollierten Temperaturbedingungen beim Transport berücksichtigt werden, man kann diese Proben auch langfristig sehr platzsparend bei Raumtemperatur lagern und kann auf Tiefkühlung verzichten.“

Interdisziplinäres Forschungsfeld: Dopingkontrollanalytik

Dopingkontrollanalytik ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld mit Schwerpunkten in der chemischen und pharmakologischen Analytik, der Pharmakokinetik, Metabolismus-Studien und der Methodenentwicklung sowie organisch-chemische Synthesen. Zahlreiche Vergehen von Dopingsündern werden übrigens oftmals erst Jahre später nachgewiesen. Diese Re-Analysen von gelagerten Proben werden dann durchgeführt, wenn neue oder verfeinerte Analysemethoden zur Verfügung stehen. Die Proben dürfen für Re-Analysen bis zu zehn Jahre langzeitgelagert werden.

Eine neue Nachweismethode könnte demnächst ebenfalls einigen noch verborgenen Dopingsündern das Leben schwer machen. Eine amerikanische Forschergruppe hat jüngst mit der Ionenmobilitätsspektrometrie zum Nachweis bekannter Dopingsubstanzen im Urin und neu geschaffener, noch nicht bekannter illegaler Steroide und Designer-Verbindungen an der Dopingfront aufgerüstet. Diese Designerdrogen entgehen der Entdeckung, wenn die Testlabore nicht wissen, dass sie nach ihren spezifischen chemischen Strukturen suchen müssen [6]. Zwar muss sich die Praxistauglichkeit der neuen Methode in den Dopingkontrolllaboren in den nächsten Jahren erst noch zeigen, der Vorsprung der „bösen“ Seite beim Thema Doping dürfte damit aber weiter schrumpfen.

Doping-Rangliste: Bodybuilding, Leichtathletik und Radsport vorn

Die WADA nimmt jedes Jahr über 200000 Proben weltweit und findet zwischen 1600 bis 1950 Treffer. Etwas weniger als ein Prozent der Athleten nutzt demnach verbotene Substanzen. Dabei ragen einige Sportarten heraus. So belegte 2019 in der Bodybuilding-Szene mit 272 registrierten Verstößen Platz 1, dahinter folgten Leichtathletik mit 227, Radsport mit 179 und Gewichtheben mit 160 nachgewiesenen Verstößen. Referenzlink: de.statista.com/infografik/26558/anzahl-der-festgestellten-dopingverstoesse-im-sport/

Dr. Jörg Wetterau

Labor für Kommunikation, Linsengericht

Dieser Beitrag wurde auf FaszinationChemie erstmalig veröffentlicht am 18.07.2022

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