Was sind Blockcopolymere?

 

100 Jahre Makromolekulare Chemie

Verknüpfen sich unterschiedliche Homopolymerketten, entstehen Blockcopolymere. Jedes Homopolymer steuert seine Eigenschaften bei, wodurch Blockcopolymere eine Vielzahl an Anwendungen ermöglichen: Egal ob für Schuhsohlen, im Straßenbau oder in der Krebstherapie.

Aufbau der Blockcopolymere

Copolymere bestehen aus mindestens zwei unterschiedlichen Monomerbausteinen. Dabei vereinen sich die Eigenschaften der Polymerarten. In der Regel sind die einzelnen Monomerbausteine statistisch entlang der Kette angeordnet. Die Eigenschaften solcher statistischen Copolymere liegen irgendwo zwischen denen der Homopolymere. Blockcopolymere sind dagegen ein Sonderfall: Sie bestehen aus mindestens zwei chemisch unterschiedlichen Homopolymer-Ketten (oder Blöcken), die miteinander verknüpft sind. Die zugrundeliegenden Homopolymere bringen so ihre unterschiedlichen thermischen, mechanischen und Lösungs-Eigenschaften in das Blockcopolymer ein. Dies führt zu ungewöhnlichen Eigenschaften und vielseitigen Anwendungen.

Wie entstehen Blockcopolymere?

Die Synthese von Blockcopolymeren beruht auf den Methoden der lebenden oder kontrollierten Polymerisation, bei der die wachsenden Polymerketten keinen Abbruch- oder Übertragungsreaktionen unterliegen. Ein wichtiges Beispiel ist die anionische Polymerisation, bei der die Reaktionsträger Anionen, negativ geladene Moleküle oder Atome, sind. Nach der Bildung einer Polymerkette aus einem Initiator I (z.B. Butyllithium) und einem geeigneten Monomer Ma (z.B. Styrol) ist diese Kette immer noch aktiv und wird auch als Makroinitiator bezeichnet. Sie kann ein weiteres Monomer Mb (z.B. Butadien) anlagern. Auf diese Weise erhält man ein sogenanntes AB-Diblock-Copolymer. In unserem Beispiel hieße dieses Polystyrol-block-Polybutadien. Das AB-Diblock-Copolymer kann nochmal mit einem weiteren Monomer Ma reagieren, es resultiert dann ein ABA-Triblock-Copolymere (Polystyrol-block-Polybutadien-block-Polystyrol).

Eigenschaften im Festkörper

Eigenständig sind Homopolymere meist aus thermodynamischen Gründen unverträglich. Dies führt im Festkörper zu einer makroskopischen Entmischung. Im Blockcopolymer sind die Homopolymere aber verknüpft, was nur zu einer Mikrophasenseparation, also wenn sich die Homopolymere nicht vollständig mischen, im Nanobereich von 10-100 Nanometern zur Folge hat. Das Polymer versucht, die Grenzflächenenergie zu minimeren. Je nach Zusammensetzung führt dies zu unterschiedlichen Anordnungen (Morphologien), die man z.B. im Transmissions-Elektronenmikroskop (TEM) beobachten kann. 

Anwendungen im Festkörper

Eine technisch wichtige Anwendung von ABA-Triblock-Copolymeren sind thermoplastische Elastomere. Herkömmlicher Kautschuk besteht aus Polybutadien oder Polyisopren, die bei Raumtemperatur flüssig sind. Durch kovalente Vernetzung über Schwefelbrücken entsteht Gummi. Im ABA-Triblock-Copolymer Polystyrol-block-Polybutadien-block-Polystyrol (SBS) bilden die äußeren, harten Polystyrol-Blöcke physikalische Vernetzungspunkte (vgl. schwarze Kugeln oder Zylinder in Abbildung). Erst oberhalb von ca. 100 °C werden diese flüssig und können in eine neue Form gebracht. Beim Abkühlen bilden sich neue Vernetzungspunkte. Einsatz finden diese Blockcopolymere zum Beispiel in Schuhsohlen, als Bitumenzusatz im Straßenbau, in schlagzähem Kunstglas, in Verpackungsfolien oder Klebstoffen.
Aufgrund ihrer Abmessungen im Nanometer-Bereich finden Blockcopolymere auch viele Anwendungen in der Nanotechnologie, z.B. in der Herstellung von Computerchips. 
 

Blockcopolymere in selektiven Lösungsmitteln: „Amphiphile Polymere“

In einem selektiven Lösungsmittel wie Wasser lösen sich nur die hydrophilen („wasserliebende“) Anteile. Der unlösliche (hydrophobe) Block verhindert den Kontakt mit dem Lösungsmittel, in dem er Überstrukturen ausbildet. Je nach Zusammensetzung bilden sich sphärische oder zylindrischen Mizellen bzw. Vesikel („Polymersomen“) aus vielen Polymerketten. Diese werden durch eine Korona aus den hydrophilen Ketten in Lösung gehalten. Wichtige Bespiele sind Polystyrol-block-Polyacrylsäure und Polyethylenoxid-block-Polypropylenoxid-block-Polyethylenoxid.
Ihre Strukturen sind analog zu Seifenmizellen oder Liposomen, die aus amphiphilen, niedermolekularen Substanzen (Seifen, Detergenzien) bestehen. Analog können sie auch unpolare Substanzen wie Öl einlagern. 

In der Nanomedizin werden Mizellen und „Polymersomen“ als Transportmittel für hydrophobe Medikamente, z.B. in der Krebstherapie eingesetzt. Die Gentherapie nutzt Blockcopolymere, die einen kationischen Block besitzen, z.B. mit Aminogruppen. Sie können mit den negativen Phosphatgruppen von DNA und RNA Komplexe bilden und diese in den Zellkern transportieren. Ein Block aus Polyethylenoxid schützt diese Komplexe vor dem Angriff des Immunsystems im Blutkreislauf. 

Autor: Prof. Dr. Axel H. E. Müller (Institut für Organische Chemie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Redaktionelle Bearbeitung: Lisa Süssmuth, GDCh

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