Metallopolymere

 

100 Jahre Makromolekulare Chemie

Die Kombination von Elementen, die der Organischen Chemie zugeschrieben werden, mit Metallen – den häufigsten Elementen des Periodensystems – erschließt eine Vielzahl interessanter Eigenschaften. Exemplarisch seien hier magnetische, elektrische oder photonisch (halb-)leitende Eigenschaften genannt.

Wozu Metalle in Polymeren?

Einer der interdisziplinärsten Zweige der Chemie ist die Organometallchemie. Sie vereint zentrale Aspekte anorganischer, organischer und physikalischer Chemie. Durch die (chemische) Einbindung von Metallen in ein organisches Polymer werden nicht nur die Eigenschaften beider Welten kombiniert, sondern es entstehen ebenfalls neue Eigenschaften und Nutzungsmöglichkeiten. Diese können im Zuge sogenannter „Materialien der nächsten Generation“ gewinnbringend eingesetzt werden. Zu Beginn der Studien in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, bestand die Motivation darin, durch den Einbau von Metallatomen, -ionen und ‑komplexen in organische Polymerketten deren thermische Stabilität und mechanische Festigkeit zu erhöhen sowie elektrisch und thermisch leitfähige Materialien herzustellen.

Der Einbau von Metallen in Polymere hin zu stabilen Metallopolymeren kann dabei über verschiedene Wege erfolgen: direkt in der Polymerhauptkette oder lateral in der Seitenkette (Abbildung 1).

Durch ihre besondere Vielfalt teils völlig verschiedener Eigenschaften sollten Metalle herkömmliche Polymere um eine ganze Fülle an mechanischen, morphologischen und elektronischen Eigenschaften bereichern.

Aus Sicht der Forschung gibt es hier aber einige Hürden, denen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Erforschung von Metallopolymeren widmen müssen:

  • die Stabilität der erhaltenen Metallopolymere gegenüber Luft und Wasser,
  • die schlechte Löslichkeit der Metallopolymere in gängigen organischen Lösungsmitteln,
  • die schwere Verarbeitbarkeit reiner Metallopolymere (teils sehr hohe Glastemperaturen),
  • die Erzielung von hohen Molmassen über den Oligomercharakter hinaus und
  • generelle Schwierigkeiten bei der Polymeranalytik.

Die Metallocen-Polymere

Eine besondere metalltragende Einheit, welche hier exemplarisch einmal beleuchtet werden soll, stellen das Ferrocen und seine polymerisierbaren Derivate dar.[1] Diese können über verschiedene Polymerisationsrouten (frei radikalisch, anionisch, kationisch oder über Kondensationsrouten) zu Ferrocen-haltigen Metallopolymeren umgesetzt werden.

Da Ferrocene aufgrund ihrer leichten Zugänglichkeit sowie ihrer hohen thermischen und chemischen Stabilität eine tragende Rolle spielen, werden hier exemplarisch ein paar Trends in Forschung und Anwendung dargestellt. Eine herausragende Eigenschaft des Ferrocenmoleküls stellt dabei seine elektrochemische Adressierbarkeit dar, die in den meisten Fällen auch schnell und reversibel zu einer ungeladenen oder ionischen Form führt (Abbildung 2). 

Durch die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Polymerchemie – mit all ihren kontrollierten und lebenden Polymerisationsarten – sowie durch die Fortschritte in der Polymeranalytik erfuhr auch das Feld der Metallopolymere einen Aufschwung. So können heute insbesondere metallocenhaltige Polymere in komplexere Polymerarchitekturen gezielt eingebaut werden. Eine Übersicht über komplexere neuere Metallopolymerstrukturen gibt Abbildung 3 wieder.

Aktuelle Trends in der Polymerforschung

Insbesondere Metallopolymere auf Basis von Metallocenen – und deren komplexeren Strukturen – wurden zuletzt wegen ihrer schnellen und effizienten Schaltbarkeit für verschiedene Bereiche genutzt [2-4]:

  • für das Schalten der Polarität von Oberflächen zur Einstellung der Benetzbarkeit,
  • als redoxresponsive Kapseln zur gezielten Freisetzung kleiner Moleküle,
  • als redoxschaltbare Membranen zur Kontrolle von Durchflüssen,
  • als Batterie und Elektrodenmaterialien,
  • als Präkursoren für metallhaltige Keramiken,
  • als schaltbare photonische Materialien,
  • in der Nanolithographie als Template und
  • zur selektiven und schaltbaren Anreicherung kleiner Moleküle aus wässrigen Medien.

Einige der potentiellen Anwendungen sind in Abbildung 4 schematisch zusammengefasst. Trotz der oben aufgeführten Hürden hinsichtlich der Synthesen und Polymeranalytik bieten Metallopolymere eine sehr spannende Materialplattform in nahezu allen aktuellen Forschungszweigen.

Autoren: Prof. Dr.-Ing. Markus Gallei, Universität des Saarlandes, Polymerchemie,
Prof. Dr. Matthias Rehahn, Helmholtz-Zentrum Geesthacht
Redaktionelle Bearbeitung: Maren Mielck, GDCh

Referenzen:

1

D. Astruc, European Journal of Inorganic Chemistry 2016.

2

M. Gallei, C. Rüttiger, Chem. Eur. J. 2018, 24, 10006.

3

G. R. Whittell, M. D. Hager, U. S. Schubert, I. Manners, Nat. Mater. 2011, 10, 176.

4

G. R. Whittell, I. Manners, Adv. Mater. 2007, 19, 3439.

Die Makromolekulare Chemie feiert in diesem Jahr hundert Jahre. Jeder von uns ist Makromolekülen schon begegnet, zum Beispiel in Form von Kunststoff. Zum Jubiläum zeigen unsere Beiträge dieses Jahr, wo Makromoleküle vorkommen.

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