Was ist eigentlich... Chinin?
Es schmeckt bitter und fluoresziert blau in saurer Lösung, wenn UV-Licht darauf trifft: Chinin. In der Natur kommt dieses im Chinarindenbaum (Cinchona pubescens) vor. Seine Rinde enthält etwa 11-15 % Chinin. Das weiße, in Wasser schwer lösliche Pulver wird mit Ethanol aus der Rinde des Baumes herausgelöst. Ursprünglich kommt das Chinin aus dem Hochwald der Anden (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru). Heute wird der Chinarindenbaum vor allem in Indonesien, Malaysia und im Kongo kultiviert und jährlich etwa 300 – 500 Tonnen Chinin gewonnen.
Chinin in der Volksmedizin
Chemisch ist Chinin ein basisches Chinolin-Alkaloid, dessen „schmerzstillende und fiebersenkende“ Wirkung schon die Ureinwohner Südamerikas kannten. Der Chinarindenbaum ist für die Volksmedizin von Bedeutung, welche auch das Wappen Perus wiederspiegelt. Die Chinesen mischen Chinin Mitteln bei, mit denen sie grippale Infekte behandeln – wir setzen es gegen nächtliche Wadenkrämpfe ein.
Wirkstoff gegen Malaria
Als Heilmittel ist Chinin besonders für die Behandlung von Malaria bedeutend, unter anderem von der komplizierten Malaria tropica. Es war Leitsubstanz bei der Entwicklung moderner Antimalariamittel. Durch die stark zunehmende Resistenz der Malaria-Erregern (Plasmodien), gewinnt Chinin – trotz mancher Nebenwirkungen – wieder zunehmend als Reservetherapeutika an Bedeutung. Durch Fernreisen in das nördliche Südamerika, auf Safarireisen in das mittlere Afrika oder bei Erholungsreisen in den südostasiatischen Raum sind wir zunehmend angehalten, vorbeugend Antimalaria-Medikamente einzunehmen (prophylaktische Therapie) oder diese mitzuführen (Stand-By-Therapie) und somit das Risiko einer Infektion zu verringern. Eine Schlüsselrolle bei solchen Therapien spielen synthetische Chinin-Abkömmlinge.
Bitterstoff in Getränken
Mit seinem bitteren Geschmack begegnet uns das Chinin in Getränken wie Bitter Lemon und Tonic Water. Alkoholfreie Getränke enthalten etwa 85 mg/kg, Spirituosen etwa 300 mg/kg Chinin als Bitterstoff. Ihren Ursprung haben Bitter-Lemon-Getränke in Afrika. Dort versetzte man Zitronensäfte mit Chinin, um Malaria vorzubeugen. Für einen erwachsenen Menschen sind 5-10 Gramm Chinin tödlich.
Chinin wirkt außerdem wehenfördernd und wurde früher missbraucht, um abzutreiben. Deshalb sollten Schwangere chininhaltige Bittergetränke meiden. Aufgrund seiner pharmakologischen Wirkung, muss kenntlich gemacht werden, wenn ein Lebensmittel Chinin enthält.
Ursprung der Homöopathie
Auf Chinin treffen wir auch in der „alternativen Ecke“ unserer Medizin. Im Jahr 1790 las der Arzt Samuel Hahnemann den Bericht eines schottischen Kollegen über Chinarinde. Dieser beschrieb, weshalb Chinin gegen Malaria wirksam sein sollte. Hahnemann schien diese Erklärung nicht schlüssig. Er führte einen heroischen Selbstversuch mit Chinin durch und empfand ähnliche Symptome wie bei einer Malaria-Erkrankung, die er selbst einmal zuvor hatte. So kam Hahnemann zu dem Schluss, dass Stoffe heilen sollten, die eine ähnliche Wirkung auslösen wie bei der zu behandelnden Krankheit. Die Homöopathie – basierend auf dem Selbstversuch Hahnemanns mit Chinin – war begründet. Das Jahr 1790 gilt somit als Geburtsstunde der Homöopathie und der Naturstoff Chinin gab den Anlass dazu.
Der Beitrag wurde vom Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit der Seniorexperten Chemie, einer Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker, erstellt.
Autor: Prof. Dr. Eberhard Ehlers (bearbeitet durch sue)
In der Reihe „Was ist eigentlich…“ stellen wir in leicht verständlicher Form chemische Substanzen vor, die jeder kennt oder fast jeder benutzt. Alle Beiträge der Reihe: https://faszinationchemie.de/chemie-ueberall
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