Neurotransmitter und Neurohormone können für ein ganz schönes Gefühlschaos sorgen!

Gefühle sind einer der Hauptgründe für sehr viele Entscheidungen, die wir im Leben treffen. Gerade ein bestimmtes Gefühl, welches häufig eher als Gefühlschaos beschrieben wird, nimmt hierbei eine entscheidende Rolle ein. Denn wer erinnert sich nicht an mindestens eine verrückte Sache, die er gemacht hat, weil er Hals über Kopf verliebt war? Ohne dieses gerade bei Teenagern zu beobachtende Phänomen der Kopflosigkeit wäre das Leben schließlich auch nur halb so schön. Doch wer steuert eigentlich diese Achterbahn der Gefühle?

Ist es das Herz? Nein, die Prozesse, die uns „blind vor Liebe“ machen, finden in unserem Gehirn statt. Verantwortlich dafür sind sogenannte Neurotransmitter und Neurohormone. Das sind Botenstoffe, die von Nervenzellen, unter anderem im Gehirn, ausgeschüttet werden. Der Unterschied zwischen Transmitter und Hormon liegt hierbei in der Reichweite: Neurotransmitter übertragen Signale auf kurzem Weg direkt zwischen den Nervenzellen, Neurohormone werden mit dem Blut transportiert und können so auch längere Wege zurücklegen. Viele Stoffe können sowohl als Transmitter als auch als Hormon wirken.

Wenn wir verliebt sind

Beim Verliebtsein sind viele verschiedene Hormone und Neurotransmitter beteiligt, hauptsächlich Dopamin, (Nor-)Adrenalin, Serotonin und Oxytocin. Wenn man verliebt ist, kann bereits das Sehen der geliebten Person das Belohnungszentrum (mesolimbisches System) im Gehirn aktivieren und so zu einer Dopaminausschüttung führen [1]. Dopamin ist eines der zentralen „Glückshormone“, es macht euphorisch und bei einem Mangel wird man antriebslos. Außerdem wird im verliebten Zustand der präfrontale Cortex heruntergefahren, welcher für unsere rationale Entscheidungsfindung zuständig ist [2]. Wir sind gewissermaßen also wirklich blind vor Liebe.

Das wohl wichtigste Hormon des Verliebtseins ist jedoch das Oxytocin. Das ist das sogenannte Kuschelhormon und auch für eine langfristige Bindung zuständig. Interessanterweise sowohl für die Bindung zwischen Partnern, als auch zwischen Müttern und Kindern [4].

Die Moleküle hinter dem Verliebtsein

Hier sind einige der Moleküle, die uns den Kopf verdrehen

Fast wie eine Droge

Liebe ist sogar mit einer Droge vergleichbar. Nicht umsonst sagt man auch, jemand sei „krank vor Liebe“. Erstaunlicherweise haben Verliebte nahezu kein Serotonin im Körper, obwohl dieses ebenfalls als „Glückshormon“ bekannt ist und für innere Ausgeglichenheit sorgt. Der Serotoninspiegel von Verliebten ist sogar vergleichbar mit dem eines Menschen mit Zwangsstörungen.

Der Mangel macht uns ganz verrückt und süchtig nach dem Partner. Das ist jedoch bei weitem nicht die einzige Gemeinsamkeit der Verliebtheit mit einem Drogenrausch. Adrenalin und Noradrenalin „putschen“ den Körper auf, sorgen für Herzrasen und Schweißausbrüche. entsteht ein positiver Stress, auch „Eustress“ genannt. Dieser verbessert kurzfristig sogar die Funktion des Immunsystems, strengt den Körper jedoch auch an. Glücklicherweise dauert diese intensive Phase der Verliebtheit maximal ein Jahr. [3]

Verliebtheit oder Liebe?

Doch was kommt danach? Gerne wird behauptet, Verliebtheit weiche der Liebe, doch worin besteht da eigentlich der Unterschied? Natürlich setzt das Belohnungssystem nicht völlig aus, doch es ist nicht der Hauptgrund dafür, dass wir Menschen monogam, also (im besten Fall langfristig) mit nur einem Partner, leben. Hierfür verantwortlich sind hauptsächlich das bereits erwähnte Oxytocin und das Vasopressin.

Diese Hormone sorgen für ein wohliges, vertrautes Gefühl gegenüber dem Partner und verstärken somit die langfristige Bindung eines Paares [4]. Der evolutionäre Sinn dahinter ist, dass unsere Babys sehr schutzlos sind und es damit von Natur aus wichtig ist, dass die Eltern über einen langen Zeitraum zusammenbleiben und ihr Kind großziehen [2]. Der Körper bringt uns mit den Hormonen also dazu, für unsere Kinder zu sorgen.

Das heißt jedoch nicht zwangsläufig, dass Liebe nur ein rein biochemischer Prozess ist und allein der Erhaltung der Art dient. Auch individuelle kulturelle und psychologische Aspekte spielen eine Rolle [2]. Und schließlich gibt es auch Paare, deren Gehirnaktivitäten beim Anblick des Partners, immer noch denen frisch Verliebter entsprechen, auch wenn sie bereits 21 Jahre verheiratet waren [5].

Autorinnen

Jule Compall und Frauke Kirsch

Cartoon und Text sind das Resultat eines Schüler-Wettbewerbs der GDCh-Arbeitsgruppe "Chemie ist ..." in der Chemie in unserer Zeit, siehe auch Chem. unserer Zeit  2023, 57(1)

Literatur

[1] Fisher, H. E. et al.: Romantic love: a mammalian brain system for mate choice, Phil. Trans. R. Soc. B 2006, 361, 2173–2186
[2] www.deutschlandfunkkultur.de/chemie-der-liebe-das-geheimnis-eines-grossen-gefuehls-100.html (abgerufen am 01.11.2022)
[3] www.wienerstaedtische.at/impuls-wissen/ (abgerufen am 01.11.2022)
[4] Bartels, A. and Zeki, S.: The neural correlates of maternal and romantic love, Neuromage 2004, 21, 1155-1166
[5] Acevedo, B. P. et al.: Neural correlates of long-term intense romantic love, Soc Cogn Affect Neurosci 2012, 7, 145-59

Abbildungen Moleküle (alle Wikimedia Commons, gemeinfrei):
Serotonin: Emeldir3-(2-aminoethyl)-1H-indol-5-ol 200
Adrenalin: NEUROtikerAdrenalin - Adrenaline
Dopamin: NEUROtikerDopamin - Dopamine
Noradrenalin: NEUROtikerNoradrenalin - Noradrenaline

Wohin auch immer wir uns im Alltag wenden: überall gibt es spannende Wissenschaft und Technik zu entdecken. Das gilt auch für die Chemie. Mit einer Serie von Cartoons "Chemie ist, wenn…" machen wir auf alltägliche chemische Vorgänge aufmerksam. Zu jeder Zeichnung gibt es einen kurzen, allgemein verständlichen Text, der die jeweilige Chemie im Alltag erklärt und einige Links für weitere Informationen. Im Mittelpunkt der Zeichnungen steht unser freundliches Erlenmeyerchen. Die Cartoons werden von der Gruppe "Chemie ist..." entwickelt, einer Arbeitsgemeinschaft der Fachgruppe "Chemie und Gesellschaft". Die Zeichnungen stammen von Maike Hettinger.

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