Was ist eigentlich… Vitamin E?

 

Vitamine sind lebensnotwendige Stoffe, die der menschliche und tierische Organismus nicht selbst herstellen kann. Sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Man unterscheidet zwischen wasserlöslichen Vitaminen wie Vitamin C (Ascorbinsäure) und fettlöslichen Vitaminen. Zu den fettlöslichen Vitaminen zählen die Vitamine A, D, E und K.

Vitamin E: Mehrere Stoffe mit ähnlicher Struktur

Was normalerweise als Vitamin E bezeichnet wird, ist eine ganze Gruppe fettlöslicher Vitamine, die eine ähnliche chemische ringförmige Struktur aufweisen. Der wichtigste Vertreter ist das alpha-Tocopherol (Abb.1). Tocopherole sind Bestandteil aller Membranen tierischer Zellen und wirken als Antioxidationsmittel (Antioxidantien, Radikalfänger). Antioxidantien wie Vitamin C oder Vitamin E sind physiologisch bedeutsam, weil sie in unserem Organismus aggressive Sauerstoffspezies (freie Radikale) inaktivieren, die für bestimmte Alterungsprozesse und für die Entstehung mancher Krankheiten verantwortlich sind.

Solche reaktiven Sauerstoffteilchen werden in unserem Organismus durch UV-Strahlung oder durch Schadstoffe aus der Umwelt gebildet und zerstören Zellwände und Zellmembranen. Die Antioxidantien schützen daher die Zellen unseres Organismus vor Membranschäden.

Tocopherole enthalten ein Chroman-Grundgerüst (Abb.2), das mit einem lipophilen langkettigen Kohlenwasserstoff-Rest verknüpft ist. alpha-Tocopherol ist eine gelbe bis braune, ölige Flüssigkeit, die sehr schwer löslich in Wasser ist. Da die Substanz nicht sehr stabil ist, wird sie chemisch verändert und kommt nach Veresterung mit Essigsäure als α-Tocopherylacetat in den Handel. Auch α-Tocopherylacetat ist eine ölige, geruchlose und wasserunlösliche Substanz, die aber selbst keine antioxidative Wirkung besitzt und erst im menschlichen oder tierischen Organismus in die Wirkform α-Tocopherol umgewandelt wird. Zudem kann unser Organismus Vitamin E speichern, so dass die Tocopherole nach Einmalgabe über längere Zeit wirksam sind.

Weil Vitamin E in den 1920er Jahren als fettlöslicher Stoff entdeckt wurde, der für die Fortpflanzung von Ratten notwendig war, wurde es zunächst als „Fruchtbarkeits-Vitamin“ bezeichnet. 1938 wurde seine chemische Struktur seines Hauptbestandteils alpha-Tocopherol aufgeklärt und im selben Jahr gelang dem Schweizer Nobelpreisträger Paul Karrer die synthetische Herstellung der Substanz.

1956 wurden die Tocotrienole, eine Untergruppe des Vitamin E-Komplexes, erstmals beschrieben und isoliert. Seit 1968 ist Vitamin E als essentieller Nährstoff anerkannt.

Besonders reich an Vitamin E: Pflanzenöle und Nüsse

Alle Organismen, die Photosynthese betreiben, wie Pflanzen und Cyanobakterien, können Vitamin E bilden. Daher sind Pflanzenöle (Weizenkeimöl, Sonnenblumenöl, Olivenöl u.a.) sowie Nüsse besonders reich an Vitamin E.

Gemüse enthält deutlich weniger Vitamin E, meist kommt es in den grünen und gelben Pflanzenteilen (Wurzeln oder Früchten) vor. Unser Körper kann Vitamin E aber nur dann verwerten, wenn gleichzeitig Fette mit aufgenommen werden. Der tägliche Vitamin E-Bedarf für Erwachsene liegt bei 12-14 Milligramm, wobei Schwangere und Stillende einen etwas höheren Bedarf haben. Um aber ausreichende Plasmaspiegel zu erreichen, ist eine tägliche Zufuhr von 20-25 Milligramm erforderlich. Der Bedarf erhöht sich mit dem zunehmenden Gehalt der Nahrung an ungesättigten Fettsäuren. Ein Vitamin E-Mangel ist selten, lediglich Säuglinge und Kleinkinder, die über mehrere Monate mit nicht standardisierter Säuglingsmilch gefüttert werden, sind gefährdet.

Als „Anti-Aging-Präparat“ wirkungslos

Antioxidativ wirkende Substanzen wie Vitamin E werden häufig reißerisch in einer Reihe von Nahrungsergänzungsmitteln, zur Krankheitsprävention (z.B. vor Krebs) oder als „Anti-Aging“-Präparate angepriesen. Unter „Anti-Aging“ oder „Altersverhinderung“ fasst man alle Maßnahmen zusammen, welche die Lebensqualität im Alter erhöhen sollen.

Allerdings ist „Anti-Aging“ ein reiner Marketingbegriff und klinische Studien haben gezeigt, dass eine Vitamin E-Gabe keinen zusätzlichen Schutz vor Herzinfarkt, Schlaganfall und Alzheimer bietet oder eine Straffung der Haut verursacht. Auch die Hoffnungen auf eine tumorverhindernde Wirkung durch hohe Vitamin E-Dosen haben sich nicht erfüllt. Im Gegenteil, bei Männern ab 55 Jahren kann die unkontrollierte Einnahme von Vitamin E-Präparaten das Risiko für Prostatakrebs sogar noch erhöhen.

Neben der Verwendung als Arzneimittel wird Vitamin E vor allem in der Futter- und Nahrungsmittelindustrie als Antioxidans (E306, E307, E308, E309) eingesetzt, aber auch in Hautpflegeprodukten findet sich Vitamin E.

Der Beitrag wurde vom Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit der Seniorexperten Chemie, einer Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker, erstellt. 
Autor: Prof. Dr. Eberhard Ehlers (bearbeitet durch kjs,Redaktion FaszinationChemie)

In der Reihe „Was ist eigentlich…“ stellen wir in leicht verständlicher Form chemische Substanzen vor, die jeder kennt oder fast jeder benutzt. Alle Beiträge der Reihe: https://faszinationchemie.de/chemie-ueberall

Kommentare

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben