Was ist eigentlich… Propofol?
Am 25. Juni 2009 breitete sich in Windeseile die Nachricht aus: Michael Jackson, der „King of Pop“ ist tot. Michael Jackson kennen auch diejenigen, die an Popmusik nicht interessiert sind, denn sein 1982 veröffentlichtes Album „Thriller“ gilt bis heute als das weltweit meistverkaufte Musikalbum.
Vollständig geklärt wurde die Todesursache nicht, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit starb der schwer medikamentenabhängige Sänger, Komponist, Tänzer und Entertainer an einer erhöhten Dosis von Propofol, die ihm sein Leibarzt zum Einschlafen intravenös injiziert hatte.
Propofol – bekanntes Narkosemittel
Propofol, chemisch 2,6-Diisopropylphenol (Abb.unten), ist eine sehr einfache Substanz. Sie wird aus dem Aromaten Phenol und dem Kohlenwasserstoff Propen durch eine sogenannte Friedel-Crafts-Synthese hergestellt; eine Reaktion, die Chemiestudenten schon am Anfang ihres Studiums kennenlernen und im Labor durchführen.
In der industriellen Gewinnung der Substanz werden zur Steigerung der Ausbeute allerdings hohe Drucke und Temperaturen zwischen 250-300°C angewandt. Das Produkt kann aus dem Reaktionskessel leicht durch Destillation abgetrennt werden. Propofol, das unter verschiedenen Namen im Handel ist, wurde 1970 erstmals synthetisiert. 1975 wurde es in den USA wegen seiner hohen bakteriziden Wirkung zum Patent angemeldet.
Die Substanz ist bei Raumtemperatur eine farblose bis sehr hellgelbe, klare Flüssigkeit, die sich nur spärlich in Wasser löst (124 mg Propofol pro 1 Liter Wasser). Es wird daher (1-2 %) zur Verabreichung in einem Öl wie z.B. Sojaöl gelöst, welches mit Propofol zu Tröpfchen emulgiert wird. Diese milchig-weiße Propofol-Emulsion wurde 1989 in Deutschland als Arzneimittel zugelassen und befindet sich seit 1996 auf dem deutschen Markt.
Meist gut verträglich
Anders als bei dieser molekularen Struktur zu erwarten, kann Propofol als Wirkstoff zur Einleitung einer Narkose und zur Sedierung (Beruhigung) verwendet werden. Es zeigt allerdings keinerlei schmerzlindernde Wirksamkeit.
Manchen Menschen dürften die Propofol-Emulsionen aus eigener Erfahrung bekannt sein, da sie häufig zur Sedierung bei Magen- und Darmspiegelungen eingesetzt werden. Das Präparat wird intravenös appliziert (Dosierung: 1,5-2,5 mg/kg) und zählt daher zu den Injektionsnarkotika. Propofol als Narkotikum ist schnell (Wirkungseintritt: schon 10-20 Sekunden nach Injektion) und nur kurzzeitig wirksam (Wirkdauer: 5-8 Minuten). Darüber hinaus reichert es sich nicht im Organismus an. Der Wirkstoff gilt daher für Ärzte als gut zu steuern. Zudem ist beim Einschlafen und Aufwachen mit weniger Nebenwirkungen (postoperative Übelkeit, Erbrechen) zu rechnen als bei anderen Narkosemitteln.
Gravierender Nachteil von Propofol ist die geringe therapeutische Breite; das heißt, es kann leicht zu Unter- bzw. Überdosierungen kommen. Daher wird der Einsatz von Propofol bei Magen-Darm-Spiegelungen zunehmend restriktiv gehandhabt.
Im Allgemeinen ist Propofol gut verträglich und kann zum Beispiel Neugeborenen ab dem 31. Lebenstag verabreicht werden. Bei zu schneller Injektion und einer Überdosis kann es jedoch zu einem Blutdruckabfall und zum Atemstillstand kommen.
Vor einigen Jahren kam Propofol mit einem weiteren traurigen Thema in die Schlagzeilen: der Todesstrafe. Es kann als eine der meist drei Substanzen eingesetzt werden, die bei der Hinrichtung durch eine Giftspritze verwendet werden. Viele Länder verbieten daher den Export von Propofol (und andere für Hinrichtungen verwendete Medikamente) in Länder, in denen die Todesstrafe noch vollstreckt wird. Und auch viele Hersteller selbst legen Wert darauf, dass ihre Produkte nur in Krankenhäusern oder Arztpraxen, aber nicht in Gefängnissen verwendet werden.
Der Beitrag wurden vom Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit der Seniorexperten Chemie, einer Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker, erstellt.
Autor: Prof. Dr. Eberhard Ehlers (bearbeitet durch kjs,Redaktion FaszinationChemie)
In der Reihe „Was ist eigentlich…“ stellen wir in leicht verständlicher Form chemische Substanzen vor, die jeder kennt oder fast jeder benutzt. Alle Beiträge der Reihe: https://faszinationchemie.de/chemie-ueberall
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Dr. András Veres
am 26.11.2024