Funktionskleidung: Wind- und wasserdicht – und umweltschädlich?

 

Durch Wind, Wasser und Schmutz: Funktionskleidung ist besonders beliebt, egal ob zum Wandern, Fahrradfahren oder für den normalen Spaziergang. Dabei soll sie vor allem wasserdicht sein und Wind abweisen. Die meisten Textilien enthalten per- und polyfluorierte Carbonsäuren (PFC). Sie profitieren von deren Eigenschaften, wasser- und schmutzabweisend zu sein, und das über mehrere Stunden. Doch die PFC gelten als umweltschädlich. Und auch unserer Gesundheit könnten sie schaden.

Die PFC gehören zur Gruppe der Per- and Polyfluorierten Alkyl-Substanzen, auch als per- und polyfluorierte Chemikalien bezeichnet und unter dem Begriff PFAS zusammengefasst.

Was ist Funktionskleidung?

Zur Funktionskleidung bzw. Outdoor-Kleidung zählen alle Textilien, die wir für sportliche Aktivitäten im Freien benutzen – vom Skifahren über das Klettern bis zum Wandern. Es gibt auch Funktionskleidung für spezielle Einsatzgebiete wie zum Beispiel die Feuerwehr-Ausrüstung, die dann bestimmte Eigenschaften haben. Je nach Einsatzgebiet soll die Funktionskleidung also unterschiedlichen Ansprüchen entsprechen. Im Alltag benutzen wir aber vor allem Kleidung, die wasserabweisend und winddicht sein soll wie zum Beispiel die Regenjacke. Gleichzeitig sind Outdoor-Jacken und Sportkleidung meist atmungsaktiv. Generell bestehen die Textilien entweder aus Natur- oder Chemiefasern – wobei die meisten Regenjacken überwiegend aus chemischen Fasern sind, beispielsweise aus Polyester oder Polyacryl. 

Membran profitiert von per-/polyfluorierten Carbonsäuren

Membransysteme sorgen dafür, dass die Outdoor-Kleidung winddicht und wasserdicht, gleichzeitig aber auch atmungsaktiv ist. Die meisten Membranen enthalten sogenannte per- und polyfluorierte Carbone (PFC) – das sind fluorierte Kohlenwasserstoffverbindungen, bei denen Fluoratome die Wasserstoffatome vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert) ersetzen. Die PFC unterscheiden sich in der Länge der Kohlenstoffkette (lang- und kurzkettig). Die wohl bekanntesten PFC sind die Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und die Perfluoroctansäure (PFOA). Beide sind inzwischen aufgrund ihrer Gefährdung für Mensch und Umwelt weltweit verboten, PFOS seit 2009 und PFOA seit 2019 (Stockholmer Übereinkommen). Für PFOA gelten noch bis 2025 wenige Ausnahmen wie zum Beispiel für Feuerlöschschäume. [1]

Die Eigenschaften der PFC – wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie thermisch stabil – nutzen viele Alltagsprodukte wie Kochgeschirr und Textilien. 

Schädlich für Umwelt und Mensch

Da die PFC chemisch und thermisch sehr stabil sind, lassen sich die Verbindungen nur mit hohem Energieaufwand wieder brechen. Bei der Herstellung, durch Abrieb bei Gebrauch oder bei der Entsorgung können PFC in unsere Umwelt gelangen, beispielsweise über Abwässer. Dort werden sie nicht abgebaut, sondern reichern sich an. Wir können die angesammelten Partikel zum Beispiel mit unserer Nahrung oder über verunreinigtes Trinkwasser aufnehmen. Vor 2008 setzten viele Hersteller auf die langkettigen PFC, um von deren Eigenschaften zu profitieren. Nachdem aber einige Studien zeigten, dass die langkettigen PFCs erbgutschädigend und krebserregend wirken, gilt für sie seit 2008 ein europaweites Verbot. Inzwischen enthalten die meisten Textilien und ihre Membransysteme die kurzkettigen PFC, doch auch viele von diesen stehen unter Verdacht umwelt- und gesundheitsschädlich zu sein. 

Forscher des Zentrums für Umweltforschung und Nachhaltige Technologien (UFT) der Universität Bremen haben in einem Projekt gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie (BSI) und dem Umweltbundesamt (UBA) unterschiedliche DWR-Textilien (durable water repellent) auf ihre Ökotoxikologie untersucht. Demnach können die kurzkettigen mit den verbotenen langkettigen PFC verunreinigt sein. Die Untersuchungen lassen annehmen, dass die kurzkettigen Verbindungen mit ihrer Persistenz und der hohen Mobilität in der Umwelt ein Risiko für uns Menschen und unsere Umwelt darstellen können. Ein Verbot für die kurzkettigen Alterativen gibt es allerdings noch nicht. Nach ihrer Studie raten die Forscher eher dazu, sich künftig auf Technologien wie LED-Ultraviolett-Härtung oder Plasma- und Laserbehandlung der Textilien zu konzentrieren. [2] 

Verschiedene Membransysteme

Eines der wohl bekanntesten Funktionsprinzipe für eine Membran ist Gore-Tex®. Die Gore-Tex®-Membran enthält eine Folie aus Polytetrafluorethylen (PTFE), ein Fluorpolymer aus Fluor und Kohlenstoff, mit mikroskopisch kleinen Poren, die eine Barriere gegen Wasser, Wind und Schmutz bilden. Im Gegenzug gelangt jedoch Wasserdampf von innen nach außen und sorgt somit für die Atmungsaktivität.

Auch SympaTex® nutzt eine Membran mit ähnlicher Wirkung. Im Gegensatz zu Gore-Tex® enthält die SympaTex®-Membran keine Poren und keine PFC. Sie besteht aus einem hydrophilen (wasseranziehenden) Polyester- und einem hydrophoben (wasserabweisenden) Polyetheranteil. Die wasseranziehenden Bestandteile der Membran nehmen die Feuchtigkeit des Körpers auf und geben sie durch Verdunstung nach außen ab. Der hydrophobe Anteil weist Wasser von außen ab.

Ein anderes Prinzip ist ecorepel®. Das System basiert auf langen Paraffinketten. Diese legen sich spiralförmig um einzelne Fasern und bilden so einen dünnen Film. Dadurch sinkt die Oberflächenspannung Materials. Wassertropen und wässriger Schmutz besitzen eine höhere Oberflächenspannung und perlen somit ab. 

Gore-Tex® oder Alternativen?

Die meisten Outdoor-Jacken, die wasser- und winddicht sowie öl- und schmutzabweisend und gleichzeitig atmungsaktiv sind, enthalten Membrane aus PTFE und sind meist von außen imprägniert, mit Imprägniermitteln, die ebenfalls PFC enthalten. Diese können wiederum über die Luft in die Umwelt gelangen oder wir atmen sie ein. Für alltägliche Aktivitäten bietet uns die Gore-Tex®-Membran mehr als wir eigentlich brauchen. Sie weist Schmutz ab und würde uns stundenlang in strömenden Regen trocken halten – aber wer ist schon so lange mit der Regenjacke im Alltag unterwegs? Für spezielle Einsätze kann dies hingegen sinnvoll sein – beispielsweise für Arbeitskleidung. Alternativ zu den PFC bieten Beschichtungen wie Wachse, Paraffine oder Polyurethane ebenfalls einen Wasserschutz. Für den alltäglichen Gebrauch ist dies völlig ausreichend, da wir hier meist keinen Schutz gegen Öl und Schmutz brauchen. Viele Hersteller verzichten nach und nach auf PFC und ersetzen sie in ihren Textilien.

Soll ich jetzt also die Gore-Tex®-Jacke entsorgen und eine Alternative besorgen? Das ist wenig sinnvoll. Ist die Jacke nicht beschädigt und noch wasserdicht, ist es sinnvoller, die Jacke noch ein paar Jahre weiter zu nutzen – immerhin ist das robuste Material für seine Langlebigkeit bekannt. Wer aber ohnehin noch eine neue Regenjacke sucht, kann sich auch nach den Alternativen umschauen. 
So setzen unterschiedliche Hersteller auf alternative Beschichtungen, darunter zum Beispiel Vaude und Schoeller. Vaude verwendet für viele Produkte Ausgangsmaterialien wie Polyester, Polyamid oder Polyurethan. Diese werden aus Erdöl gewonnen. Nach eigenen Angaben hat sich der Hersteller das Ziel gesetzt, noch stärker auf nachwachsende Rohstoffe zurückzugreifen. So enthalten zum Beispiel die Textilien der Green Shape Core Collection von Vaude biobasierte, recycelte und reine Naturmaterialien. Nach dem ecorepel®-Prinzip schützt zum Beispiel die Funktionskleidung von Schoeller vor Regen und wässrigem Schmutz.

Lisa Süssmuth

Volontärin, Gesellschaft Deutscher Chemiker

Dieser Beitrag wurde auf FaszinationChemie erstmalig veröffentlicht am 21.04.2020

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